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„Es tritt ein: Seine hoheitliche Majestät Prinz von und zu Hohenirgendwas“ – solch eine Ankündigung vor dem Eintritt in einen Raum, vorzugsweise ein Saal mit 1000 ehrfürchtig lauschenden Menschen, wünschen sich immer noch viele Menschen. Dann wird die Treppe - von oben kommend, selbstredend - langsam herabgeschritten auf dem roten Teppich Richtung Menschentraube. Der Herr schaut wichtig drein und die Dame an seiner Seite lächelt huldvoll. Gelegentlich wird ein Blick durch das Spalier geworfen zu Untertanen, Pardon, Menschen, die ähnlich wichtig sind und mit einer kurzen Kopfbewegung wird angedeutet, dass vom Dasein Notiz genommen wurde. Insgesamt dauert solch ein Schreiten nicht länger als wenige Minuten, doch sie führen zu einem ungemein erhebenden Gefühl. Wer was Besseres ist, braucht schließlich solche Auftritte.
Der Kutscher kennt den Weg
Hochzeiten in Königshäusern zelebrieren es immer wieder vor, wie so etwas perfekt gestaltet wird. „Oh, ist das schön, welch tolles Kleid sie anhat“ – solche zumindest innerlichen Kommentierungen mit dem Taschentuch in der Hand wegen der Rührung, haben etwas Magisches an sich. „Der schönste Tag in meinem Leben“ ist somit logischerweise für die Normalsterblichen die Hochzeit im weißen Kleid, mit frisch gestriegelter Kutsche, weißen Pferden im Geschirr und einem Kutscher, der den Weg kennt. Dann kommt zum Schuss des „einmaligen“ Tages der so sehnlich erwünschte Moment, die wieder hebt, im wahrsten Sinne des Wortes: das Tragen über die Schwelle – sofern die Gewichtsverteilung dies zulässt.
Die Abgabe des schwarzen Peters
Da ein einmaliger Tag die seltsame Angewohnheit hat, exakt nach 24 Stunden vorbei zu sein, wird im darauffolgenden Leben Ersatz benötigt, um dieses erhabene Gefühl zu reproduzieren. Es hält sich immer noch in der Rangliste weit oben, andere Menschen einfach zu erniedrigen, damit automatisch eine Selbsterhöhung eintritt. Sozusagen der ständig wiederkehrende Aufbau der inneren Podeste. Wird der Bogen überspannt, der Erniedrigte lässt sich das nicht gefallen und fordert allen Ernstes, „nimm das sofort zurück“, dann beginnt die Gegenargumentation meist mit „so war das doch gar nicht gemeint“. Lässt der Erniedrigte aber nicht locker, dann wird einfach zum Gegenangriff geblasen mit dem gern genommenen Satz: „Du stellst dich ja wieder an“. So wird der schwarze Peter einfach weitergereicht.
Der Wunsch sich abheben zu wollen „von der Masse“ steht auf der Wunschliste vieler Menschen ganz oben. Tattoos, Piercing, Kleidung, Frisur, Gestik und Mimik sind die klassischen Instrumente der öffentlichen Zurschaustellung. Ganz anders verhält es sich bei den Menschen, die sich zwar abheben durch emotionale Intelligenz und soziale Kompetenz, es ihnen aber nicht auf den ersten Blick anzusehen ist. Nur der Ausdruck in den Augen lässt erahnen, wer da innen wohnt.
Gruß von John U. Doe